Montag, 7. März 2016

Here we go again

Mein Name ist Julia. Ich wiege aktuell 80,5 Kilogramm und ich möchte abnehmen. Ich glaube, ich kann mich an keine Zeit in meinem Leben erinnern, zu der ich das nicht wollte. Nur: So einfach ist das nicht. Oder doch: Eigentlich ist es ganz einfach.
 
Ich habe schon zweimal erfolgreich größere Mengen an Gewicht verloren, seit 6 Jahren kriege ich es aber nicht mehr auf die Reihe und wurde stattdessen dicker und dicker. Jetzt will ich mein Ziel erreichen, nachdem ich das Buch "Fettlogiken überwinden" gelesen habe. Oder besser: Obwohl ich dieses Buch gelesen habe. Denn das Buch finde ich eigentlich ziemlich schlecht.  Okay, ganz so schlecht jetzt nicht aber so wahnsinnig begeistert wie viele andere bin ich nicht. Das "Warum" würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen, vielleicht komme ich zu einem späteren Zeitpunkt noch dazu. Aber mindestens zwei wichtiger Erkenntnisse hat mir das Lesen dieses Buches gebracht: Es gibt keinen Hungerstoffwechsel und mit einer entsprechend niedrigen Kalorienzufuhr nimmt jede(r) ab. Aus eigener Erfahrung kann ich das bestätigen.
 
Meine Diät-Karriere ist lang. Sehr lang.
 
Meine gesamte Kindheit über bekam ich von meinem Umfeld und insbesonere von meinen Eltern und meiner Schwester eines zu hören: Du bist zu dick. Wenn ich mir Bilder von damals ansehe, dann wäre ich nach heutigen Maßstäben normal aber in den 80ern waren wir wahrscheinlich noch andere Figurtypen gewohnt.
 
In unserem Haushalt gab es immer reichlich Süßigkeiten und zugreifen konnte ich darauf immer. Meine Mutter lag mir dann in den Ohren, ich solle doch nicht die ganze Tüte Haribo essen, aber wirklich verboten hat sie es auch nicht. Auf meine Aussage, dass ich ja nur essen kann, was auch ins Haus getragen wird, bekam ich zur Antwort, dass man ja meine Schwester und meinen Vater nicht dafür bestrafen könne, nur weil ich mich nicht im Griff habe. Damals war ich vielleicht 9 oder so. Yeah, also pädagogisch hatte es meine Mutter manchmal echt voll drauf.
 
Ich war als Kind schon maßlos, habe das richtige Maß nie gelernt und bin auch heute nicht mal dann wirklich zufrieden, wenn ich fast platze, weil ich so viel gegessen habe.
 
Meine erste richtige Diät habe ich mit 14 gemacht. Ich war 1,68 m groß und wog 58 Kilo. Und da ich ja meine gesamte Kindheit über eingebleut bekam, dass ich zu dick sei, glaubte ich das auch weiterhin. Also aß ich das letzte Mal zum Mittagessen und dann erst am nächsten Morgen. Auf 55 Kilo habe ich es geschafft und dann schlug der erste Jojo zu. Hätte ich es doch einfach gelassen, dann wäre ich ein Jahr später noch 4 cm größer gewesen und das hätte sich alles verwachsen.
 
Über die Jahre habe ich mich dann hochdiätet. Ich fühlte mich fett und war unglücklich. Dass ich so gut wie nie einen Freund hatte, schob  ich der Tatsache zu, dass mich Jungs einfach zu dick fanden. Anfang 20 änderte sich das zwar aber ich war fortan die ungekrönte Königin der 2-Monats-Beziehung oder Affäre oder wie auch immer man das nennen mag. Ich hatte immer das Gefühl, dass Männer mich zwar eigentlich attraktiv finden, aber als feste Freundin zum schämen war. Was davon wahr und was davon eine self fulfilling prophecy war, lässt sich natürlich nicht so leicht festmachen.
 
Irgendwann mit Mitte 20 hatte ich dann meine erste feste Beziehung und mit etwas mehr als 80 Kilo habe ich dann einfach aufgegeben und einfach nur noch gegessen, was und wie viel mir schmeckte. Ich weiß nicht, wie viel ich am Ende wog, aber irgendwas um die 90 Kilo dürften es gewesen sein. Dass es so nicht weiterging habe ich meiner Mutter zu verdanken, die mir immer wieder in den Ohren lag, ich müsse um meiner Gesundheit willen abnehmen. Irgendwann brachte sie ungefragt eine Dose Almased und Formoline L112 mit.  Da ich gerade selbst an einem Punkt war, wo ich nicht mal mehr mein Gewicht hübsch fand, habe ich es tatäschlich ausprobiert. Und nach einer Woche Ekel und Würgereiz bei jeder Mahlzeit gab ich auf - um mir eine Alternative zu suchen! Im Rahmen meiner Beziehung hatte ich angefangen, täglich zu kochen und das fehlte mir sehr! Und ich brauchte etwas ordentliches zu beißen.
 
Atkins hatte ich bereits vorher 2x erfolglos ausprobiert aber die Eier kamen mir einfach zu schnell aus den Ohren raus. Das Prinzip einer Low-Carb-Ernährung fand ich aber durchaus logisch und so fand ich eine Online-Community wo ich ganz viele Informationen und vor allem Rezeptideen fand, die lecker und abwechslungsreich waren. Und ganz nebenbei lernte ich auch noch ohne Beutelchen und Fertigprodukte zu kochen.
 
Nach etwas 2 Monaten und zwei Kleidergrößen weniger traute ich mich das erste Mal auf die Waage: 82 Kilo. Innerhalb der nächsten 2-3 Monate schaffte ich es sehr entspannt und ohne zu hungern auf 71 Kilo runter. Danach folgte ein schwieriges Jahr: fertig mit der Uni. die Trennung vom Ex, der erste Job, zwischenzeitlich zog ich wieder bei meiner Ma ein und irgendwann landete ich wieder bei 76 Kilo.
 
Als ich wieder alleine wohnte, entschloss ich mich, die letzten Kilos endlich anzupacken. Aber auf Kohlenhydrate wollte ich nicht wieder verzichten. Also verlegte ich mich auf's Kalorienzählen. reduzierte meine Kalorienzufuhr Stück für Stück und hungerte mich - ohne Sport - Stück für Stück auf 58,4 Kilogramm runter.  Mein Tagesplan sah damals wie folgt aus:
 
Frühstück: 1 Salatgurke
Mittagessen 60g Haferflocken in Brühe und eine Dose Champignons
Abendessen: 5 Reiswaffeln mit jeweils einer Scheibe Light-Schinkenwurst.
 
Wenn ich anfangs noch einen Schlemmertag pro Woche einlegte, blieben die irgendwann aus. Behauptete aber gegenüber Freundinnen und Familie hartnäckig, dass ich das noch so handhaben würde. Statt Schlemmertagen häuften sich die Fressanfälle und wenn ich nicht so große Angst davor gehabt hätte, in die Bulimie abzurutschen, dann hätte ich die Male, wo ich aus lauter Verzweiflung tatsächlich den Finger in den Hals steckte, besser vorbereitet und wäre dann wohl auch erfolgreicher gewesen. Dass man das gezielte Erbrechen vorbereiten muss, war mir damals - Gott sei Dank - nicht klar...
 
Aber: Ich sah Hammer aus!
 






 
 
Und wer behauptet, dass mit dem Dünnsein nicht automatisch alle Probleme verschwinden, dem sei gesagt, dass das Leben trotzdem sehr viel schöner ist, wenn man sich selbst mag!
 
Männer lernte ich in der Zeit tatsächlich auch viel mehr und häufiger kennen, allerdings eben auch noch viel mehr Arschlöcher, die nur was für's Bett wollten. Lag also wohl nicht nur am Aussehen. ;)Zum Glück habe ich zwischen all den Arschlöchern meinen Mann gefunden! <3
 
Aber in einer Beziehung ist man beim Thema Ernährung zu einem gewissen Grad auch fremdbestimmt. Während ich mich in meiner magersüchtigen Zeit total zurückzog und Einladungen zum Essen, etc. tunlichst aus dem Weg ging, war das in einer Beziehung nicht mehr so ohne weiteres möglich. Mit der Anmeldung im Fitness-Studio konnte ich die Sünden vom Wochenende etwas kompensieren. Und so lange wir noch nicht zusammenlebten, konnte ich zumindest unter der Woche potenzielle Verführungen aus der Wohnung draußen halten. Aber spätestens als wir dann zusammen zogen, war ich jeden Abend der Versuchung in Form von Salzletten und Haribos, die der Freund allabendlich auf der Couch vertilgt, ausgesetzt.


Zwischendurch habe ich natürlich immer wieder versucht, Gewicht zu verlieren. Bei Weight Watchers kann man sich prima selbst bescheissen, sodass die Kalorienzufuhr einfach zu hoch ist. Unser Fitnessstudio bietet ein Programm an, dass die individuellen Ernährungspläne von LLID mit einem individuellen Sportprogramm kombiniert. Eine Zeit lang war das der totale Hype und alle haben sich dort angemeldet und gut abgenommen. Ich nicht. Und wenn du das Gefühl hast, dass du nicht nur dich selbst sondern auch die Trainerin frustrierst, obwohl du alles nach Plan machst, dann macht das einfach keinen Spaß. Dreimal täglich kochen hätte ich ja noch in Kauf genommen aber als in Woche 7 dann die Nachfrage kam, ob ich mich denn auch wirklich genau an den Plan halte, da war bei mir einfach der Ofen aus und ich hab' alles hingeschmissen. Frust, Frust, Frust.
 
Sport hat mir noch nie großartig Spaß gemacht. Wie auch, wenn man immer nur gehänselt wird, weil man nicht schnell genugt ist, nicht weit genug springt und es bei einer Leistungssport betreibenden Schwester bzw. immer nur um eines geht: Leistung, Leistung und Leistung. Dass Sport Spaß machen kann, habe ich so gut wie nie erlebt. Die viel beschworenen Runner's Highs kann ich an einer Hand abzählen. Je schwerer ich wieder wurde, desto anstrengender wurde es. Stressige Zeiten im Job, Schlafstörungen und damit verbundene permanente Müdigkeit trugen zur Bekämpfung des inneren Schweinehunds auch nicht gerade bei. Und ich will ganz ehrlich sein: Da ich meine Klamotten inzwischen hauptsächlich selbst nähe, konnte ich mir beim Thema Kleidergröße auch schön selbst in die Tasche lügen. Was total krank ist, weil ich mich ja regelmäßig ausmesse und somit ganz konkret weiß, dass da der Umfang gewachsen ist...
 
Ich bin jetzt an einem Punkt angelangt, wo es nicht weitergeht. Und sich etwas ändern muss
 
  • Ich will mich nicht ständig scheiße und hässlich fühlen, auch wenn mein Umfeld mir gegenteiliges sagt.
  • Ich will wieder Röcke und kurze Hosen tragen, die weit oberhalb des Knies enden.
  • Ich will fit und aktiv sein.
  • Ich will im Sommer keine Bauchweghosen unter den Sommerkleidern tragen müssen, weil's beim Laufen sonst so schwabbelt und die Oberschenkel sich wundreiben.
  • Ich will problemlos in jeden Stiefel passen.
  • Ich will überhaupt wieder problemlos in Klamotten beim ZARA passen. Wobei ich trotzdem lieber selbst genähtes trage.
  • Ich will mich nackt attraktiv finden.
  • Ich will keinen Diabetes bekommen, wie meine Oma.
  • Ich hab' keinen Bock mehr, dass mir meine Füße so schnell wehtun. Interessanterweise nicht bei Belastung, sondern erst, wenn ich längere Zeit gesessen habe.
  • Ich will wieder mit dem Fahrrad durch die Weinberge zum Weinprobierstand fahren.
 
Erreichen möchte ich das mit proteinreicher Ernährung und einer Energiebilanz um die 1000 Kalorien pro Tag. Ich brauche erst mal einen schnellen Erfolg, der mich bei der Stange hält. Atkins kommt für mich nicht mehr in Frage, da ich mich hier beim Gemüse zu stark einschränken müsste. Kohlrabischeiben und Selleriestangen sollen in Maßen meine gesunde Alternative zu Salzstangen und Haribo sein. Ganz ohne Fernseh-Knabberei geht es leider nicht. Obst ist bei mir sowieso raus, da mei Darm wirklich sehr sensibel auf Fructose reagiert.


Und warum der Blog? Ich werde sicherlich keine Essenspläne, o. ä. posten. Ich mache den Blog jetzt auch nicht publik, denn das Ankündigen von Abnehmplänen in meinem Bekanntenkreis hat bislang auch keinen Nutzen gezeigt. Vielmehr möchte ich einfach einen Platz haben, um meine Gedanken und Gefühle in schwierigen Zeiten festhalten zu können. Wenn sich sonst noch jemand hier verirrt dann ist das okay. Jetzt habe ich schon so viel geschrieben und habe trotzdem das Gefühl, die Hälfte vergessen zu haben...


Ich weiß auch noch nicht, wie oft ich mich wiegen und vermessen möchte. Sport  im Studio gibt es zukünftig zweimal pro Woche vor der Arbeit und am Wochenende eine Cardio-Einheit draußen.


Ich schaffe das!

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